Die deutsche und die französische Sprache kennen freilich eine zweite (oder erste?) Bedeutung der Begriffe „Wert“ bzw. „valeur“, die uns seit dem Reifeprozess der Jugend und der Ausbildung einer eigenen Identität sehr wichtig sind. Dabei geht es nicht um Zahlen und Größenwerte, sondern um moralisch für gut betrachtete Eigenschaften oder Qualitäten sowie akzeptierte oder abgelehnte Normen. Dieser Wertbegriff hat etwas mit ethischen Vorstellungen zu tun.
Die Aktien der Automobilwerte im Depot sind also abgestürzt, stellt man fest. Und auch die Technologiewerte „schwächeln“. Vielleicht fragt man sich, wieso man die eigentlich noch „hält“? Man versucht doch, auf unnötige Autofahrten zu verzichten und legt vielleicht einen steigenden Wert auf eine andere Form von Nachhaltigkeit. Vielleicht stellt man einen Widerspruch zu den eigenen Idealen fest: Zwar hat man auch Aktien von Windenergiebetreibern, ist aber letztlich inkonsequent. Hatte man als junger Mensch nicht die sichere Erkenntnis gehabt, mit dem eigenen Handeln so wenig wie möglich soziale und ökologische Probleme produzieren zu wollen? Sondern im Gegenteil ein Teil der Lösung zu sein?
Man könnte also seinen Anlageberater bitten, das Depot nach Nachhaltigkeitskriterien umzuschichten. Und ihm sagen, dass man nicht auf die Quartalsentwicklung schaue, sondern auf darauf, was die Firmen mit dem Geld machen. Den Wert der Anlage möchte man eher daran bemessen. Das würde sich besser anfühlen!
Vor dem Gespräch lohnt es aber, sich etwas genauer über das Konzept der Nachhaltigkeit zu informieren. Es beschreibt ursprünglich die Nutzung eines regenerierbaren natürlichen Systems in einer Weise, dass es in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann. Der Begriff bezeichnete im 18. Jahrhundert zunächst die Bewirtschaftungsweise eines Waldes, bei der immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann, so dass der Wald nie zur Gänze abgeholzt wird, sondern sich immer wieder regenerieren kann. Im erweiterten Sinn eines „Zustands des globalen Gleichgewichts“ taucht der Begriff 1972 im Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ an den Club of Rome erstmals an prominenter Stelle auf.
Im Brundtland-Bericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung wurde Nachhaltigkeit 1987 definiert als eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, deren Bedürfnisse zu befriedigen. Heute spricht man von einem Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit:
- Ökologische Nachhaltigkeit: Natur und Umwelt sind für nachfolgende Generationen zu erhalten (Erhalt der Artenvielfalt, Klimaschutz und Pflege von Kultur- und Landschaftsräumen).
- Ökonomische Nachhaltigkeit: Postulat, dass die Wirtschaftsweise so angelegt ist, dass sie dauerhaft eine tragfähige Grundlage für Erwerb und Wohlstand bietet (Schutz wirtschaftlicher Ressourcen vor Ausbeutung).
- Soziale Nachhaltigkeit: Die Gesellschaft soll sich so entwickeln, dass Teilhabe für alle ermöglicht wird (Ausgleich sozialer Kräfte, um eine auf Dauer zukunftsfähige, lebenswerte Gesellschaft zu erreichen).
Nachhaltigkeit kann lokal, regional, national oder global verwirklicht werden. Während aus ökologischer Perspektive zunehmend ein globaler Ansatz verfolgt wird, steht hinsichtlich der wirtschaftlichen und sozialen Nachhaltigkeit oft der nationale Blickwinkel im Vordergrund. Entsprechende Wünsche kann man seinem Anlageberater nennen. Man muss es nur wollen.